Ursprünglich christlich
Stellen Sie sich das Bild einer Quelle vor, wie sie frisch aus dem Boden sprudelt, klar und unverstellt, wenn auch noch klein und unscheinbar – und doch birgt sie ein unvorhersehbares, unermessliches Potential in sich. Wie viel Leben wird durch Wasser ermöglicht!
Welchen Weg wird sie nehmen, um zum Ziel zu kommen?
Welche Windungen, Mäandierungen werden Hindernisse auf dem Weg ihr abverlangen?
Welcher Unrat, der sich im Laufe der Zeit in der zum Fluss gewordenen Quelle ansammelt, wird ihre anfängliche Klarheit trüben?
In welche Abzweigungen, Nebenflüsse wird sich das Wasser der Quelle aufteilen?
Bleibt ihr etwas von der sprudelnden anfänglichen Lebendigkeit erhalten, oder wird sie zu einem trägen, behäbigen Fluss, der ob des angesammelten Ballasts nicht recht vorwärtskommt?
Für uns Christen ist Jesus Christus der Urgrund, die Quelle, aus der sich unser Glaube speist. In ihm hat all das seinen Anfang, was sich im Laufe der Geschichte des Christentums entwickelt hat. Und damit greift das Bild der Quelle, die sich zum Fluss entwickelt, auch für das Christentum:
In 2000 Jahren Kirchengeschichte ist die Quelle zu einem riesigen Fluss geworden mit vielen Abzweigungen in unterschiedliche Konfessionen; einem Reichtum und einer Vielfalt an religiösen Traditionen, Riten, Gottesdienst- und Frömmigkeitsformen; mit dem Vorbild glaubwürdiger, heiligmäßiger Christen; mit prophetischen Geistern, die die Zeichen der Zeit zu deuten verstanden; mit großen Theologen und Theologinnen, die uns Wege zu vertiefter Gotteserkenntnis weisen können; mit Mystikerinnen und Mystikern, die uns noch heute tiefer in das Geheimnis Gottes einführen können; aber auch mit Verschmutzungen durch Missbrauch, Gewalt, Intoleranz; mit Ballast, der sich angesammelt hat, der dem Fluss etwas von seiner mitreißenden Lebendigkeit nimmt.
Zurück zur Quelle, Maßnehmen am Ursprung; zurückgehen zu diesem Mann aus Nazaret, dem Urgrund unseres Glaubens. Fragen wir uns: Was können wir in diesem Sinne als einzelne Christen, als Gemeinde, als Kirche von Jesus lernen? Wie würde Jesus dieses oder jenes Handeln, diese oder jene Entscheidung beurteilen? Welche Entwicklungen, welche Geisteshaltungen bringen uns diesem Jesus und seiner frohen Botschaft näher?