Auf ein Wort
In unserer Heilig-Geist-Gemeinde in Seelbach ist es eine gute Tradition, in den Tagen vor Pfingsten jeden Abend um Gottes Geist zu beten. (In diesem Jahr vom 22. — 27. Mai um 19 Uhr)
Angesichts der Situation in unserer Kirche, die einerseits unsere Einheit auf eine harte Probe stellt, und wo andererseits auch engagierte Gläubige aus der Kirche austreten, scheint es dringlicher denn je, uns des guten Geistes Gottes zu vergewissern.
Die wohlbekannten Problemfelder, treiben uns um: Missbrauch, Klerikalismus, Reformstau, Stellung der Frau, Hierarchie, Machtverteilung, Priestermangel, Verhältnis von Klerus und Laien…
Für mich noch gravierender ist allerdings die Frage, welchen Raum wir Gott geben.
Wie können wir die befreiende Botschaft Jesu so verkünden und leben, dass sie in Menschen die Sehnsucht nach Gott weckt?
Wie sollte unsere kirchliche Sprache aussehen, damit heutige Menschen sich in ihr wiederfinden können?
Wohin wird uns der Geist Gottes führen, den Jesus uns verheißen hat?
Sicherlich nicht in abgesicherte und störungsfreie Wohlfühlzonen, in denen wir uns gerne einrichten.
Nicht umsonst werden in der Pfingsterzählung Sturmwind und Feuer als Symbole für Gottes Geist benutzt, die nichts, was sie ergreifen, an ihrem Ort und in ihrem Zustand lassen.
Es heißt nicht umsonst, dass der Geist weht, wo er will.
Dieser Geist ist eine Störung aller persönlichen und erst recht aller kirchlichen Selbstsicherheit: er ist der Angriff Gottes auf unsere Verzagtheit, unsere Selbstgenügsamkeit und Trägheit; er macht nicht Halt vor verfestigten Institutionen, vor äußerer Ordnung, vor gedankenlos übernommenen Traditionen.
Jesu Botschaft vom Reich Gottes, von der Vision einer Welt, in der der Mensch über dem Sabbat steht (vgl. Mk 2,27), in der die an den Rand Gedrängten eine Stimme bekommen, in der nicht Macht- und Habgier, Krieg und Ungerechtigkeit unser Leben bestimmen, sondern die Freude an Gott und seiner Leidenschaft für uns Menschen.
Komm Geist Gottes, störe uns!
Helena Kassel