Augenblicke, die verändern
Kennen Sie eigentlich Hagar? Ich bin vor einiger Zeit in der Bibel auf ihre Geschichte gestoßen. Vom Schicksal gebeutelt erfährt sie in aller Not, dass Gott sie ansieht, sie bei allem Leid, das sie erfährt und auch noch erfahren wird, sie nicht alleine lässt, sie ihm vertrauen kann. El Roi — Gott, der mich sieht, nennt sie ihn daher.
Franz von Assisi, dessen Fest wir am 4. Oktober feiern, ging es vor über 800 Jahren ebenso schlecht: orientierungslos, nach zerplatzten Karriereträumen, Krankheit und Gefangenschaft fragte er sich, wie sein Leben weitergehen sollte.
Er kam in eine kleine verfallene Kirche, in der ein altes Kruzifix hing. Der Blick Jesu und seine ausgesteckten Arme ließen ihn spüren: du bist gut und geliebt. Davon ermutigt, machte er sich auf den Weg und begegnete einige Zeit später einem Aussätzigen. Doch statt sich, wie bisher, mit Abscheu und Ekel abzuwenden, sah er ihn bewusst an und erkannte in ihm den Blick Jesu wieder. So umarmte er ihn. Diese beiden „Augenblicke“ veränderten alles, seine ganze Sicht auf sein Leben, die Schöpfung, auf die Beziehung zwischen Gott und den Menschen. Er wollte ganz in dieser engen Gottes- und Menschenbeziehung leben und diese Nähe, die er gespürt hat, an andere Menschen und die gesamte Schöpfung weitergeben.
Später verfasste er den Sonnengesang, ein Loblied der Schöpfung, die wunderbar und wertvoll gemacht ist und die ihrerseits den Schöpfer lobt (bei uns häufig bekannt durch den Kirchenschlager „Laudato Si“).
Wir dürfen uns von Gott (an)gesehen, wahrgenommen und in seinen Augen „gut“ wissen. Gott ist nahe, er sieht nach mir persönlich – das ist tröstlich, es ist gut und ermutigend und könnte im besten Sinne ansteckend sein:
Wenn nun die Tage wieder dunkel und kälter werden, könnten wir einander mit diesen „Augenblicken“ beschenken: Wenn wir mit einem Menschen zusammentreffen – nicht sofort drauflosreden, nicht irgendwelche konventionellen Floskeln murmeln, sondern den Mut haben, eine Sekunde zu schweigen, ihn anzusehen und dann zu denken: Ich sehe Dich.
Lassen Sie sich überraschen, was geschieht!
Ihre Alexandra Podstawa ofs
Gemeindereferentin