Ein ganz beson­de­res Orgel­kon­zert prä­sen­tier­te Wolf­gang Sei­fen am Sams­tag, den 14.9. in St. Joseph. Herr Sei­fen war von 2000 bis 2022 Pro­fes­sor für Impro­vi­sa­ti­on und Lit­ur­gi­sches Orgel­spiel an der Uni­ver­si­tät der Küns­te in Ber­lin. Im Jahr 2004 wur­de er zum Titu­lar­or­ga­nis­ten an der Kai­ser-Wil­helm-Gedächt­nis­kir­che in Ber­lin beru­fen. Neben zahl­rei­chen Kom­po­si­tio­nen, wie z.B. der “Mis­sa Solem­nis” für gro­ßes Orches­ter, Chor und Orgel “Tu es Petrus”, die zum 80. Geburts­tag von Papst Bene­dikt XVI. im Peters­dom zu Rom urauf­ge­führt wur­de, ist Wolf­gang Sei­fen vor allen Din­gen als Impro­vi­sa­tor welt­be­rühmt geworden.

Im Gespräch vor dem Kon­zert erklär­te Sei­fen, dass er sich auf Impro­vi­sa­tio­nen nicht vor­be­rei­te, also kei­ne Struk­tu­ren oder etwas Ähn­li­ches im Kopf habe.  In sei­nem baro­cken Prä­lu­di­um, Ada­gio und Fuge zu Beginn des Kon­zer­tes mein­te man, ein neu­es Bach-Werk her­aus­hö­ren zu kön­nen: jeder Ton erschien trotz spon­ta­nen Ein­falls genau durch­dacht und Sei­fen prä­sen­tier­te ein wun­der­schö­nes Ada­gio und eine tadel­lo­se Fuge, die auch bei der Impro­vi­sa­ti­on alle Regeln der Kon­tra­punk­tik befolg­te und dabei hoch vir­tu­os und klar arti­ku­liert gespielt wur­de mit einem sprit­zi­gen The­ma, das an J. S. Bach erinnerte.

Dann folg­ten zwei Cha­rak­ter­stü­cke im deutsch-roman­ti­schen Stil. Es erklan­gen wun­der­schö­ne, weit aus­schwin­gen­de Melo­die­bö­gen in spät­ro­man­ti­scher Har­mo­nik und eine quir­li­ge impres­sio­nis­tisch anmu­ten­de Ara­bes­ke, die hoch vir­tu­os und fein regis­triert dar­ge­bo­ten wur­de.  In sei­ner 5‑sätzigen Sym­pho­nie pour Grand Orgue schöpf­te Wolf­gang Sei­fen alle Mög­lich­kei­ten der Orgel aus und prä­sen­tier­te das gesam­te Klang­spek­trum. Die Sät­ze Alle­gro riso­lu­to, Andan­te can­ta­bi­le, Scher­zo, Ada­gio espres­si­vo und Fina­le wirk­ten wie eine bis ins Detail aus­ge­reif­te, neo­ro­man­ti­sche Kom­po­si­ti­on und die impro­vi­sa­to­ri­schen Ein­fäl­le über­rasch­ten und fas­zi­nier­ten die Zuhörer/innen immer wie­der aufs Neue.

Nach gewal­ti­gen Klang­kas­ka­den, die an höchst dra­ma­ti­sche Film­mu­sik erin­ner­te, ebb­te die Dyna­mik schnell wie­der ab und es tauch­ten solis­ti­sche Regis­ter mit reiz­vol­len melo­di­schen Ideen auf, die durch die Benut­zung unter­schied­lichs­ter Oktav­la­gen ganz neu und bezau­bernd klan­gen. Eini­ge The­men waren von Lite­ra­tur inspi­riert, so blitz­te z.B. im ful­mi­nan­ten Fina­le ein The­ma des Jubi­lä­ums-Kom­po­nis­ten Anton Bruck­ner auf. Das begeis­ter­te Publi­kum ent­ließ den Meis­ter-Impro­vi­sa­tor erst nach einer ent­zü­cken­den Zuga­be über das Brahms-Lied „Guten Abend, gute Nacht“.

Text und Foto: Hel­ga Maria Lange