Liebe Schwestern und Brüder,
im Lukasevangelium lesen wir im Kapitel 9, Vers 3 „Nehmt nichts mit auf den Weg!“
Von Franz von Assisi erzählt man sich folgende Geschichte: Als der heilige Franz einmal einen jungen Novizen in seiner Einsiedelei besuchte, bedrängte der ihn mit der Bitte, ein Psalmenbuch besitzen zu dürfen. Daraufhin sagte Franziskus: „Wenn du ein Psalmenbuch hast, wirst du ein Brevier wollen. Wenn du ein Brevier hast, wirst du dich auf den Lehrstuhl setzen wie ein großer Prälat und deinem Bruder sagen: Bring mir das Brevier!”
Und während er so in großer Leidenschaft des Geistes redete, nahm er mit der Hand Asche und streute sie sich auf den Kopf, indem er die Hand im Kreis über dem Kopf bewegte, wie wenn er den Kopf waschen würde, und sagte zu sich selbst: Ich bin das Brevier! Ich bin das Brevier!
Die meisten Menschen unserer Zeit greifen nicht mehr zu einem Gebetbuch, lesen nicht mehr in der Bibel. Aber die Menschen erleben uns, die an Gott und Christus glauben. Sie treffen uns bei der Sparkasse, an der Käsetheke im Supermarkt, beim Gespräch über den Gartenzaun. Und dann sind wir aufgefordert dazu, Stundenbuch und Brevier, Bibel und Gesangbuch zu sein!
Ich bin das Brevier! Ich bin das Stundenbuch! Ich bin die Bibel für die Menschen in unserer Zeit!
Mit unserem Leben sollen wir Zeugnis geben von der Hoffnung unseres Glaubens, in der Art und Weise, wie wir auf Menschen zugehen, wie wir mit ihnen sprechen, wie wir sie anschauen. Dazu muss man nicht Theologie studiert haben. Dazu braucht es, ganz schlicht und einfach, ein offenes Herz, ein wenig Liebe und ein bisschen gesunden Menschenverstand.
Lasst uns so Zeugnis geben von der frohen Botschaft Jesu — hinein in unsere Welt.
Wolfgang Winkelmann
Pfarrer im Ruhestand